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Landkreisinformationsfahrt nach Wien

Seit zweieinhalb Jahren besteht der Kreistag Freising in seiner aktuellen Besetzung. Wegen der Corona-Pandemie musste so manche Gepflogenheit über Bord geworfen werden. So konnte das Gremium noch nie in voller Besetzung im eigentlich dafür vorgesehenen Großen Sitzungssaal des Landratsamts tagen. Stattdessen trafen sich die Kreisrätinnen und Kreisräte in deutlich luftigeren Räumen oder gleich virtuell. Auch an eine Landkreisinformationsfahrt war lange nicht zu denken. Nun aber besuchte eine Delegation aus Kreisräten und Bürgermeistern die österreichische Bundeshauptstadt Wien.

 

Pünktlich um 8.30 Uhr setzten sich am Donnerstagmorgen zwei Busse von der Luitpoldanlage in Freising aus in Bewegung. „Ich freue mich sehr, dass wir nach einigen Jahren wieder eine Informationsfahrt für Bürgermeister und Kreisräte durchführen können“, sagte Landrat Helmut Petz, für den diese eine Premiere darstellte. Im Gegensatz zu manch langjährigem Mitglied war Petz bei den vergangenen Fahrten nach Konstanz 2019 oder Tübingen 2016 noch nicht dabei.

 

Erster Programmpunkt nach der Ankunft war eine Führung durch das Wiener Rathaus. Neben dem im Jahre 1883 von Kaiser Franz Joseph eröffneten prachtvollen Festsaal konnten die Gäste aus Bayern unter anderem im Landtags- und Gemeinderatssaal Platz nehmen. Dort erfuhren sie, dass Wien nicht nur Kaiser-, sondern auch Arbeiterstadt war. „Die Leute haben geschuftet, bis zum Umfallen, hatten aber keine Wohnung“, erzählte die Führerin. Diese Erfahrung aus der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg prägte die Stadt nachhaltig. Nach dem Fall der Monarchie wurden eine Reichensteuer und eine Wohnbausteuer eingeführt und das Geld dafür verwendet, 62.000 Gemeindewohnungen zu bauen. Das war die Grundlage einer Kommunalpolitik, die noch heute weltweit als vorbildlich und beispielgebend gilt.

 

Über 400.000 „bezahlbare“ Wohnungen

Heute verfügt Wien über 220.000 städtische Wohnungen, in denen rund 500.000 Menschen leben, ergänzt durch etwa 200.000 geförderte Wohnungen. „Wien hat sich nicht in die Knie zwingen lassen und hat seinen Wohnungsbestand nicht verkauft. Das ist heute ein Glücksfall“, sagte Kurt Hofstetter, Koordinator der Internationalen Bauausstellung (IBA) Wien, die die Teilnehmer der Landkreisinformationsfahrt am Nachmittag des zweiten Tages besuchten. „80 Prozent der Wienerinnen und Wiener haben Zugang zum geförderten Wohnbau, weil die Einkommensgrenzen so hoch sind.“

 

Bevölkerungswachstum, demografischer Wandel, steigende Immobilienpreise, Flüchtlingsbewegungen, Klimakrise: Diese Themen verbinden die Stadt Wien mit Deutschland und Bayern. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hatte sich Wien um die Ausrichtung der IBA bemüht und steht nun kurz vor dem Abschluss. Das bot den Kommunalpolitikern aus dem Landkreis Freising die Gelegenheit, sich Anregungen zu holen für den Prozess, der in der Metropolregion München gerade beginnt. Dort findet die IBA in den kommenden zehn Jahren statt. Der Kreistag hatte erst im Sommer beschlossen, dass der Landkreis Freising Gesellschafter bei der IBA werden soll. „Wir haben uns schon einige Gedanken dazu gemacht, aber vielleicht können wir hier neue Ideen entdecken“, sagte Landrat Petz.

 

Bauen und Energie als dominierende Themen

Bauen und Energie waren die dominierenden Themen dieses Tages. Am Vormittag nämlich war die bayerische Delegation im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) empfangen worden. „Energieerzeugung, Energieeinsatz, Energieeinsparung“ seien wichtige Themen, mit denen es sich intensiv zu beschäftigen gilt, so Petz. Nicht erst seit Putins Angriffskrieg in der Ukraine und explodierenden Energiepreisen macht sich der Landkreis Freising auf den Weg, die Energiewende zu schaffen. Den entsprechenden Beschluss hatte der Kreistag bekanntlich schon 2007 gefasst. „Erneuerbare Energien sind das Gebot der Stunde“, betonte Ministerialrätin Dr. Bettina Bergauer im Marmorsaal des Regierungsgebäudes. Darum hatte das BMK 2004 die Klimaschutzinitiative „klimaaktiv“ ins Leben gerufen. Im Fokus stehen dabei die vier Themenbereiche Bauen und Sanieren, Energiesparen, erneuerbare Energien und Mobilität. Ein Netzwerk von Experten in ganz Österreich unterstützt Gemeinden, Haushalte und Unternehmen bei ihren Klimaschutzaktivitäten. Ein Schlüsselfaktor ist die Aus- und Weiterbildung für Fachleute, Energieberater, Planende, Architekten etc. Diese stehen den Gemeinden beratend zur Seite.

 

Prachtvolle Kleider und düstere Gänge

Schwere Kristalllüster, prachtvolle Kleider, feinste Stuckarbeiten, zartestes Porzellan, Gold und Silber überall – während sich die Bürgermeister und Kreisräte über Klimamaßnahmen und Innovationen auf dem Bausektor informierten, kehrten ihre Reisepartnerinnen und -partner im Rahmen des Begleitprogramms dem aktuellen Zeitgeschehen den Rücken zu und begaben sich auf eine Reise in die glanzvolle Vergangenheit der österreichischen Hauptstadt.

Dabei stand gleich ein Empfang bei Kaiserin Sisi in der Hofburg auf dem Programm. Beim geführten Rundgang durch Sisis Gemächer (der Franzl interessierte nur am Rande) wurde einmal mehr mit der romantisierten Biografie der Kaiserin aufgeräumt. Nur ein altes Filmplakat erinnert in der Hofburg an die Sissi, die wir alle mit Romy Schneider in Verbindung bringen. Die echte Sisi war wohl nur selten am Hofe anzutreffen. Häufig floh sie aus Wien, schrieb düstere Gedichte und hungerte ein Leben lang. Nicht so die Reisegruppe aus Bayern. Nach einem Abstecher beim Familienunternehmen Glas Lobmeyr, zu Sisis Zeiten k.u.k.-Hoflieferant, ging es ins Restaurant Ofenloch, wo man und frau sich die üppige Wiener Küche inklusive Apfelstrudel schmecken ließen.

 

Natürlich bekamen auch die Kreisräte und Bürgermeister etwas von der Stadt zu sehen. Wenn auch etwas verschwommen. Bei der Stadtrundfahrt in kleinen Elektrobussen verwischten die Regentropfen und die vor jenen schützenden transparenten Schutzplanen etwas die Sicht auf die Prachtbauten der Wiener Innenstadt. Auch den „Geheimnissen des Stephansdoms“ konnten die Freisinger Besucherinnen und Besucher auf den Grund gehen. Niedrige Gänge, feuchte Wände, abgestandene Luft und sehr viele Knochen: das sind die Katakomben, in denen nicht nur Teile namhafter Habsburger aufbewahrt werden, sondern auch immer noch zahlreiche Gebeine der Toten, die in Räumen hinter vergitterten Fenstern liegen. Bis zum Verbot der Bestattungen innerhalb der Stadtgrenze im Jahr 1783 waren hier über 10.000 Menschen begraben worden.

 

Ein weit weniger schauriges Erlebnis war der Besuch des Doms St. Stephan in Passau – ein Zwischenstopp auf der Heimreise am Samstag. Zuvor hatte die Gruppe im Restaurant „Oberhaus“ gemeinsam zu Mittag gegessen, mit Blick über Passau und begrüßt vom dortigen Zweiten Bürgermeister Andreas Rother. Die Reise hat sich gelohnt, darüber war man sich nach der Ankunft abends in Freising einig. „Wir haben eine Fülle von Anregungen mitgenommen“, so lautete das Fazit von Landrat Helmut Petz.

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