Vorlesen

Heimatgeschichten – den Landkreis kennen lernen: Die Georgskapelle in Pelka

In der Kirche zu Pelka wird einmal im Jahr eine Messe gefeiert: am 23. April, dem Gedenktag des Kirchenpatrons St. Georg. Der heilige Drachenkämpfer wurde in früheren Zeiten bei Fieber und Seuchen angerufen, dennoch muss wegen der Corona-Pandemie der Gottesdienst heuer ausfallen.

 

Ein virtueller Rundgang stellt das Kirchlein vor

 

 

Der heilige Georg – ein Universalheiliger

Kaum ein Heiliger ist so beliebt wie der Märtyrer Georg. Er lebte im 3. Jahrhundert und soll aus Kappadokien, also der Zentraltürkei, stammen. Der Legende nach war der Heilige ein siegreicher Heerführer des römischen Kaisers Diokletian, der ihn später martern und hinrichten ließ. Wegen seines christlichen Bekenntnisses war der adelige Soldat in Ungnade gefallen.

 

Der Name Georg lässt zunächst keine ritterliche Herkunft vermuten, er kommt nämlich vom griechischen Geōrgós, und das heißt der Bauer. Die Verehrung des Heiligen setzte bald nach seinem gewaltsamen Tod im Jahr 303 ein und verbreitete sich vom Orient über ganz Europa und Asien. Auch der Islam feiert Georg, der auf Arabisch al-Hadr, heißt. Al-Hadr erweckte durch sein Gebet das frische Grün des Frühjahrs, er personifiziert so für die Moslems Auferstehung und Erneuerung.

 

Im christlichen Abendland wurde Georg zum Patron von Königen und Fürsten, die oft seinen Namen trugen. Ritter, Büchsenmacher und Bauern erkoren ihn zum Schutzheiligen, Städte, Regionen und ganze Länder stellten sich dem Heiligen anheim. So ist Georg beispielsweise der Nationalheilige Englands, dessen Flagge das rote Georgskreuz ziert. Im Union Jack, der Fahne Großbritanniens, vereinigt sich dieses Zeichen mit dem Kreuz des heiligen Andreas, den die Schotten als ihren Patron verehren. Unzählige Georgskirchen auf allen Kontinenten bekunden bis heute die große Popularität des Ritterheiligen.

 

St. Georg in Pelka – ein sagenumwobener Ort

Im Landkreis Freising haben sich insgesamt elf Kirchen erhalten, die dem heiligen Georg geweiht sind. Ganz im Westen an der B13, unweit der Gemeinde Hohenkammer, thront in Pelka auf einer Anhöhe ein Georgskirchlein, das schon wegen seiner exponierten Lage fasziniert. Das spätgotische Gotteshaus aus dem 15. Jahrhundert erzählt in seinem Inneren die bekannteste Legende vom heiligen Georg. Außerdem wird sie von zwei geheimnisvollen Sagen umrankt.

 

Sankt Georg – der Heilige mit dem Drachen

Der heilige Georg ist der berühmteste Drachentöter des christlichen Abendlandes, und so wird er auch in der Georgskirche zu Pelka vorgestellt. Auf dem frühbarocken Altar künden Figuren von der Heldentat des Heiligen: Mit flatterndem Umhang sprengt der römische Offizier Georg auf seinem Schimmel über den Drachen hinweg. Georgs Lanze hat bereits das Haupt des Untiers durchbohrt, das niedergestreckt vor ihm liegt. Die Quelle für dieses Bildmotiv ist die bekannteste Episode der Georgsvita. Der Heilige soll demnach im Zeichen des Kreuzes einen Drachen getötet haben. Das Untier hauste vor den Toren der libyschen Stadt Silena und hatte einen unstillbaren Hunger auf Lämmer und Kinder entwickelt.

 

Georg und der Drache kamen schon früh zusammen. Bereits im 6. Jahrhundert wurden in Smyrna, dem heutigen Izmir, Georgsmünzen als Pilgerandenken geprägt. Sie zeigten den Heiligen mit der Lanze, über eine riesige Schlange triumphieren. Diese Siegerpose war bei spätantiken Herrscherdarstellungen auf Münzen weit verbreitet. Letztendlich haben alle herrschenden und heiligen Drachenkämpfer dieselben Urahnen. Bereits vor 4500 Jahren ritzten die Mesopotamier entsprechende Szenen in Steinsiegel. Der Sieg über den Drachen meinte damals wie heute die Überwindung von Tod und Übel.

 

Sage Nummer 1: Der letzte Pfarrer von Pelka

Die Proportionen des Georgskirchleins zu Pelka beflügelten schon früh die Fantasie der Menschen. Eine Sage versucht, die Architektur des Gotteshauses folgendermaßen zu erklären: Im Dreißigjährigen Krieg überfielen schwedische Truppen das reiche Pfarrdorf Pelka. Am 1. Mai 1632 steckten sie dort alle Häuser und die Kirche in Brand. Während sich die Bevölkerung in die umliegenden Wälder geflüchtet hatte, stellte sich der Pfarrer furchtlos den marodierenden Truppen entgegen. Das Allerheiligste in Händen harrte er im Altarraum aus. Dieser wurde wie durch ein Wunder durch das Feuer verschont, während rings herum alles in Schutt und Asche versank. Die ganze Nacht beschützte der Gottesmann sein Gotteshaus und war am nächsten Morgen für immer verschwunden. Zurück blieb als Rest der Pfarrkirche ihr Altarraum mit dem Allerheiligsten.

 

In der Tat zogen schwedische Truppen nach der Niederlage Tillys bei Rain am Lech im Frühjahr des Jahres 1632 über das Ilm- und Glonntal nach München. Sie hinterließen eine Spur der Verwüstung, die Klöster Scheyern und Altomünster, Illmünster sowie Hohenkammer fielen der Plünderung anheim. Brandspuren traten in den 1980er Jahren im Zuge einer Restaurierung des Georgskirchleins zu Tage. Ob sie wirklich aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges stammen, sei dahingestellt. Denn die vermeintliche Disproportion der Georgskirche ist ihrem Turm und dem Mauervorsprung der Westfassade geschuldet. Beide wurden erst nach dem Dreißigjährigen Krieg errichtet. Das Kirchlein erhielt so seinen ungünstigen Body-Mass-Index.

 

Sage Nummer 2: Der Schimmel von Pelka

In jüngerer Zeit wurde die Georgskapelle von Pelka zum Schauplatz der Sage vom verhungerten Schimmel. Einst sollen die Pferde eines Bauern um das Kirchlein geweidet haben. Ein neugieriger Schimmel war durch die halb geöffnete Tür in das Gotteshaus gelangt. Beim Rückwärtsgehen trat das unglückliche Tier gegen die Tür, die sogleich in ihr Schloss fiel. Gefangen ohne Wasser und Heu verendete das Ross erbärmlich. Sein Besitzer, ein Bauer aus Pelka, fand später den Tierkadaver in der Kapelle. Der Landwirt war von einem Viehdiebstahl ausgegangen.

 

Mit dieser Erzählung wird St. Georg in Pelka in den Rang einer Schimmelkapelle erhoben, neben der weitaus berühmteren Stephanuskirche in Rudelzhausen-Enzelhausen. Die Geschichte vom verhungerten Schimmel stammt allerdings keineswegs aus dem Landkreis Freising. Der ehemalige Kreisheimatpfleger Rudolf Goerge konnte 35 Schimmelkirchen in Bayern, Baden-Württemberg. Oberösterreich, Tirol und der Schweiz nachweisen. Die Begebenheit vom fastenden Reittier, das den Hungertod erleidet, würzte bereits in der Spätantike griechische Witzbücher. Schilderungen, wie kostbare Nutztiere durch Eigen- oder Fremdverschulden am Hunger krepieren, verbreiteten sich, angereichert mit einer gehörigen Portion Schadenfreude oder Moralin, als Schwänke und Märchen später über ganz Europa. Diese Entwicklungsgeschichte der Schimmelsage konnte Goerge ebenfalls aufzeigen.

 

Fast alle Schimmelkapellen stehen außerhalb von Ortschaften, nicht wenige sind Pferdeheiligen geweiht. Das Bild eines reitenden Heiligen oder eines Pferdepatrons mag der Impuls gewesen sein, den Sakralraum mit einer populären Episode zu verbinden.                          Und so stand wohl auch in Pelka das edle Ross des heiligen Georgs Pate für ein verendetes bäuerliches Nutztier.

 

Von Bernd Feiler, Heimat- und Kulturpflege

 

(Die Bilder stammen von Tibor Hlozanek. Bitte als Quelle angeben! Angehängt sind ein Luftbild der Kapelle in Pelka sowie deren Altar.)

Fotos: Tibor Hlozanek

Bürgerservice Kontakt

Kontakt
Sie können uns Ihre Fragen, Wünsche, Anregungen oder Beschwerden mitteilen. Wir werden diese umgehend bearbeiten und Sie darüber informieren, wie es weiter geht.
Mit der Nutzung dieses Formulares stimmen Sie zu, dass wir Ihre Daten speichern und verarbeiten. Weitere informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Bürgerhilfsstelle